Veranstaltung: | LDV Montabaur |
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Tagesordnungspunkt: | 7. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel), Jutta Paulus (KV Neustadt/Weinstr.), Freia Jung-Klein (KV Kaiserslautern-Land), Claudia Laux (KV Bernkastel-Wittlich), Klaus Puchstein (KV Ahrweiler), Annelie Scharfenstein (KV Westerwald), Marianne Brunner (KV Landau), Christoph Richter (KV Ahrweiler), Ingrid Lambertus (KV Mainz), Diethmar Rieth (KV Suedwestpfalz), Ingrid Bäumler (KV Mayen-Koblenz), Joscha Pullich (KV Cochem-Zell), Susanne Schröer (KV Landau), Georg Schiffer (KV Ahrweiler), Ulrich Bock (KV Mayen-Koblenz), Leo Neydek (KV Rhein-Lahn), Ronald Maltha (KV Mayen-Koblenz), Thomas Beckgerd (KV Mayen-Koblenz), Armin Rau (KV Ahrweiler), Dr. Natalie Wendisch (KV Ahrweiler), Ludwig Stolz (KV Neuwied), Michael Musil (KV Westerwald), Ralf Kauer (KV Rhein-Hunsrück) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 27.10.2016, 17:55 |
D-1: Für eine verantwortungsvolle und sichere Chemieindustrie
Antragstext
Umgehend die erforderlichen Konsequenzen aus den Sicherheitsproblemen ziehen!
Zuerst sind unsere Gedanken bei den Opfern dieser Katastrophe, den Toten und
Verletzten und ihren Angehörigen. Vor allem für die betroffenen Mitglieder der
Feuerwehren muss umfassend gesorgt werden. Wir danken allen Einsatzkräften. Sie
haben durch professionelles Vorgehen Schlimmeres verhindert.
Die neuerliche Explosion am 17.10.2016 in Ludwigshafen hat einmal mehr die
Gefahren der Chemie-Industrie vor Augen geführt. Stundenlang herrschte
Großalarm, stundenlang war unklar, ob Giftstoffe frei gesetzt würden und ob bzw.
in welchem Umfang Gefahren für die Tausende Anlieger in den benachbarten
Wohnbezirken bestünde. Über 24 Stunden gab es Warnungen, „Fenster und Türen
geschlossen zu halten und Lüftungsanlagen abzuschalten“. Das Unglück steht in
einer langen Reihe von Betriebsstörungen, die der Chemiekonzern in den
vergangenen Monaten bekannt geben musste. 15 Meldungen waren es bereits in
diesem Jahr, im vergangenen Jahr immerhin 13 weitere Fälle. So gab es am
gleichen Tag eine Verpuffung in einem Werk im hessischen Lampertheim. Vier
Menschen mussten dort ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Das Problem der Chemieindustrie ist, dass hier bereits kleinste Fehler und
Nachlässigkeiten zu großen Katastrophen führen können, die Auswirkungen weit
über das Firmengelände hinaus haben können. Ähnlich große Auswirkungen gibt es
bei Unfällen nur in der Atomindustrie, erinnert sei an die Katastrophe von
Bhopal, wo 1984 eine durch Unfähigkeit und sträfliche Sicherheitsmängel der US-
amerikanischen Union Carbide (heute Dow Chemical) ausgelöste Katastrophe zu
mehreren tausend Toten und mehr als hunderttausend Verletzten und chronisch
Geschädigten führte.
In Deutschland sind die Sicherheitsbestimmungen in der Chemischen Industrie so
ausgelegt, dass (in der Technik nie zu 100% vermeidbare) Störungen beherrschbar
sind, sich die Auswirkungen auf die nächste Umgebung beschränken und Personen,
die an den Anlagen arbeiten, bestmöglich geschützt sind. Dazu müssen zahlreiche
detaillierte Vorschriften und Anweisungen eingehalten werden, deren Sinngehalt
sich den Arbeitnehmer*innen sich oft nicht erschließt und deren Einhaltung
zeitraubend, mühsam und die lästig erscheinen. Die stetige Überarbeitung und
Anpassung dieser Vorgaben wird häufig als übertrieben wahrgenommen – warum soll
das Verhalten von gestern heute plötzlich inakzeptabel sein?
Deutschland braucht die Chemische Industrie, sie ist ein wesentlicher
Bestandteil unseres Wohlstands, unserer Lebensqualität und auch unserer
Gesundheit und unseres Technikfortschritts. Aber Deutschland braucht eine
SICHERE und nachhaltige Chemische Industrie, in der Vorschriften an die
Mitarbeiter*innen vermittelt, akribisch bis ins letzte Detail eingehalten und
garantiert werden! Die Chemische Industrie ist dauerhaft als „Nachbar“ nur
akzeptabel, wenn sie jederzeit die höchstmögliche Sicherheit ihrer Nachbarschaft
garantieren kann.
Die Aufarbeitung des Unfalls kann nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden.
Der Chemieriese muss alle relevanten Unterlagen und Erkenntnisse gegenüber der
Bevölkerung offenlegen und darf sich nicht auf Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse berufen. Nur so kann erreicht werden, dass eine optimale
Störfallvorsorge durchgesetzt wird.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rheinland-Pfalz fordern daher die Werksleitung der BASF
auf,
darzulegen, wie der Konzern mit der Alterung von Anlagen umgeht, welche
Konzepte er hierzu besitzt und welche Folgen die Kostensenkungspolitik der
BASF hat.
Die BASF und die anderen chemischen Betriebe im Land werden aufgefordert,
an allen gefährlichen Arbeitsplätzen nur gut ausgebildete
Mitarbeiter*innen einzusetzen und auf den Einsatz von un- bzw.-
angelernten Mitarbeiter*innen an diesen (genau lokalisierbaren) Stellen
abzusehen.
alle erforderlichen Maßnahmen zum sicheren Betrieb regelmäßig zu
kontrollieren.
die JEDERZEITIGE Einhaltung aller gültigen Sicherheitsvorschriften in
ihren Betrieben durch eine regelmäßige und lückenlose Kontrolle zu
garantieren.
Wir begrüßen, dass die Landesregierung umgehend eine umfassende Aufklärung der
Vorfälle initiiert hat, auch um so künftigen vergleichbaren Fällen vorzubeugen.
Die Landesregierung und die staatlichen und die kommunalen Aufsichtsbehörden
müssen sicher stellen, dass seitens der Werksleitung bei weiteren Störfällen
umgehend und umfassend informiert wird. Das Bürger*innen-Infosystem bei
Störfällen – vor allem in der Umgebung von industriellen Standorten – muss dem
aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik angepasst werden.
Begründung
Die Zahl und der Umfang der Betriebsstörungen bei der BASF lässt die Schlussfolgerung zu, dass hier die Überwachung verbessert werden muss. Da die Ausbildungsqualität vermutlich nicht abgenommen hat, liegt der Verdacht nahe, dass zu oft Ungelernte gefährliche Tätigkeiten übernehmen und/oder an der Zahl der für die Kontrolle der Sicherheit zuständigen Mitarbeiter*innen gespart wurde. Eine Häufung der Störfälle wie zuletzt festzustellen ist anders nicht zu erklären. Damit wird das Risiko in unzulässiger Art auf die Mitarbeiter*innen, Nachbarn und Anlieger übertragen.
Auch ist es bei den heutigen technischen Möglichkeiten an einem Standort der großchemischen Industrie ein Unding, dass nach etlichen Stunden keine belastbaren Informationen zur Gefährdung der Anlieger vorlagen. Die schablonenhafte Aussage, dass „Gefährdungen der Bevölkerung nicht messbar“ seien, während diese gleichzeitig zu Schutzmaßnahmen aufgerufen wird, war mehr als beunruhigend. Zum Glück waren die freigesetzten Stoffe in den gemessenen Konzentrationen nicht gesundheitsgefährdend; man mag sich nicht vorstellen, wenn giftige, ätzende oder krebserregende Substanzen freigesetzt worden wären und KEINE rechtzeitige Warnung erfolgt wäre.
Begründung der Dringlichkeit:
Der beschriebene Unfall als Auslöser des Antrags geschah nach Antragsschluss.
Kommentare
Raik Dreher (KV Ludwigshafen):
Außerdem wäre es schön gewesen, wenn die InitiatorInen auch nach UnterstützerInnen in LU gefragt hätten.