Veranstaltung: | LDV Montabaur |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 5. Anträge |
Antragsteller*in: | Tabea Rößner (KV Mainz), Pia Schellhammer (KV Mainz-Bingen), Ronald Maltha (KV Mayen-Koblenz), Ulrich Bock (KV Mayen-Koblenz), Dr. Natalie Wendisch (KV Ahrweiler), Eveline Lemke (KV Ahrweiler), Jutta Blatzheim-Roegler (KV Bernkastel-Wittlich), Daniel Köbler (KV Mainz), Felix Schmidt (KV Zweibrücken), Volker Gallé (KV Alzey-Worms), Ingrid Bäumler (KV Mayen-Koblenz), Siegbert Hardieß (KV Westerwald), Pia Werner (KV Bad Dürkheim), Johannes Reinig (KV Rhein-Pfalz), Andreas Möritz (KV Mainz-Bingen), David Profit (KV Alzey-Worms), Brian Huck (KV Mainz), Herbert Braunbeck (KV Mainz-Bingen), Klaus Becker (KV Alzey-Worms), Irmel Münch-Weinmann (KV Speyer), Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel), Hans-Uwe Daumann (KV Ludwigshafen), Jens Voll (KV Mainz-Bingen), Petra Spielmann (KV Rhein-Lahn), Sven Dücker (KV Trier), Andrea Müller-Bohn (KV Mainz-Bingen), Ann-Kristin Pfeifer (KV Mainz), Eberhard Wolf (KV Mainz-Bingen), Katrin Eder (KV Mainz), David Tondera (KV Koblenz), Irene Alt (KV Mainz-Bingen) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 22.09.2016, 16:17 |
A-2: Für eine offene und solidarische Gesellschaft – Rechtspopulismus entschieden entgegentreten
Antragstext
Die Bundesrepublik Deutschland hat ein Problem und es heißt Rechtspopulismus.
Gingen vielleicht einige vorher davon aus, das Phänomen sei lediglich in den
europäischen Nachbarländern zu finden, so müssen viele im Jahr 2016 feststellen,
dass es auch hierzulande für eine rechte Partei möglich ist, Wahlerfolge zu
erzielen. Offensichtlich wird dies durch das Erstarken der AfD.
Wir dürfen nicht darüber hinwegsehen, dass es in Teilen der Bevölkerung Ängste
und Vorbehalte gegenüber den aktuellen politischen Herausforderungen gibt.
Parteien, Regierungen und Akteure sind gut beraten, mit diesen Emotionen
konstruktiv im Sinne des Zusammenhalts unserer Gesellschaft umzugehen. Ängsten
müssen wir allerdings mit Fakten und Austausch begegnen. Denn: Angst ist der
perfekte Nährboden für rechtspolitisches Saatgut. Die AfD hat sich dies zu Nutze
gemacht. Sie ist in zehn Landtagen vertreten und hat sich dort teilweise als
drittstärkste Kraft etabliert. In Mecklenburg-Vorpommern hat sie sogar mehr
Stimmen als die CDU bekommen.
Dies liefert auch den Nährboden für rechte Gewalttaten. Bundesweit, aber auch in
Rheinland-Pfalz, haben im letzten Jahr die Zahlen rechter Straftaten enorm
zugenommen. Es ist erschreckend, dass die Zahl der von Rechtsextremen verübten
Straftaten in Rheinland-Pfalz von 2014 auf 2015 um 180 auf 701 stark gestiegen
ist. Immer wieder üben Rechtsextreme Straftaten gegen Flüchtlinge und andere
gesellschaftliche Gruppen. Seit Jahren ist bekannt, dass rechte Ressentiments
bis hin in die Mitte der Gesellschaft vorhanden sind. Zahlreiche Studien zur
Entwicklung der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit haben dies belegt.
Auch hier in Rheinland-Pfalz hat sich das bei der vergangenen Landtagswahl
gezeigt. 268.628 Wählerinnen und Wähler haben der AfD ihre Zweitstimme gegeben.
Sie ist nun drittstärkste Kraft im rheinland-pfälzischen Landtag. Ihre Arbeit im
Landtag zeigt jedoch: Dieser Partei ist es überhaupt nicht daran gelegen, einen
konstruktiven Beitrag zu leisten. Auch die Faktenlage interessiert sie nicht.
Sie konzentriert sich in dieser Frage allein auf das Schüren von Ängsten und
Ressentiments. Die AfD greift Stimmungen und Gefühle, die es in der Gesellschaft
gibt, auf und stachelt sie an. Das Grundgesetz, das Recht auf Asyl – all das
interessiert diese Partei nicht. Viele der Forderungen aus den Reihen der AfD
sind mit unseren Grundwerten und auch mit unserem Grundgesetz nur schwer oder
nicht vereinbar. Gleichzeitig überschreitet die AfD in ihren Beiträgen
regelmäßig die Grenzen demokratischen Diskursverhaltens durch eine Verrohung der
Sprache.
Das wird nicht nur bei der Flüchtlingspolitik klar, sondern in vielen anderen
programmatischen Feldern. Sie will die Lebensverhältnisse jedes und jeder
einzelnen reglementieren und die freie Entfaltung des Individuums beschneiden.
Für die AfD spielt es eine Rolle, woher Du kommst, welche Religion, welche
Hautfarbe, welche sexuelle Orientierung oder Identität du hast und ob du eine
Frau oder ein Mann bist. Sie will ein überholtes Familien- und Gesellschaftsbild
stärken. Die AfD will Einfluss auf Medien nehmen, obwohl sie gleichzeitig gerade
gegen diese agitiert und immer wieder im Diskurs behauptet, die Medien seien vom
Staat gesteuert. Die AfD macht daher bewusst Stimmung gegen Journalistinnen und
Journalisten. Vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk, wie ARD und ZDF, ist
für die AfD Zielscheibe. Im ganzen Land sammelt sie Unterschriften, duldet
Sprechchöre wie „Lügenpresse“ auf ihren Kundgebungen und trägt somit zu einer
medienfeindlichen Stimmung im Land bei.
Der Umgang mit der AfD stellt nicht nur für uns GRÜNE, sondern auch für die
Medien eine besondere Herausforderung dar. Es gilt, sich mit ihrer Programmatik
auseinanderzusetzen und ihnen dennoch keine Plattform für ihre Hetze zu geben.
Viele Sendungen und Artikel haben sich bei ihrer Berichterstattung sehr auf die
Flüchtlingspolitik fokussiert und der AfD dadurch immer wieder eine Bühne
geboten. Eine Auseinandersetzung mit der sonstigen Programmatik der AfD wäre
wichtig und würde die Geisteshaltung der Partei zeigen. Daher sind die Medien,
als vierte Säule unserer Demokratie, ein wichtiger Baustein dabei, sich mit
rechtspopulistischen Ideologien und Narrativen auseinander zu setzen.
Es sind nämlich nicht nur die zivilisatorischen Errungenschaften, die die Partei
angreift. Es sind auch die sozialen. Der Mindestlohn, die Mietpreisbremse, die
Erbschaftssteuer – all das will die AfD abschaffen. Außerdem will sie die
Arbeitslosenversicherung privatisieren und die Gewerbesteuer, die einen
wichtigen Beitrag zur Bewältigung der kommunalen Daseinsvorsorge leistet, ad
acta legen. Sie ist nicht die Partei der Mittel- und Geringverdienenden. Im
Gegenteil: Ihr Programm stärkt die Starken in unserer Gesellschaft und schwächt
die Schwachen.
Trotzdem wird die Partei von allen Gesellschafts- und Bildungsschichten gewählt.
Es wäre falsch, all ihren Wählerinnen und Wählern unter den rechten
Generalverdacht zu stellen. Jedem, der bei den vergangenen Wahlen der AfD seine
oder ihre Stimme gab, muss aber bewusst sein: Er oder sie hat eine Partei
gewählt, die unser demokratisches System und unsere freiheitlichen Grundwerte in
ihren Grundzügen angreift.
Letztlich geht die Entstehung der AfD auch auf den Unmut vieler mit den
bestehenden Parteien zurück. Selbstkritisch müssen wir uns alle die Frage
stellen, ob wir in der Vergangenheit Menschenrechte, Rechtsstaat,
Gleichberechtigung, Pluralismus gut genug erklärt haben. Politik verfällt oft
ins Dozieren, wo eigentlich Argumente entlang menschlicher Erfahrungen gefragt
wären. Wir verweisen gerne auf das Grundgesetz, aber die Botschaft, warum es gut
ist, wenn wir den dort niedergelegten Prinzipien folgen, kommt oft zu kurz. Die
Flüchtlinge fliehen aus ihren Ländern, eben weil sie Frieden, Freiheit und
Demokratie für sich und ihre Familien suchen. Als überzeugte Demokratinnen und
Demokratien müssen wir stets dafür kämpfen, dass sie diese Werte in Deutschland
und Europa auch so vorfinden.
Aber anstatt sich an vorderster Front vor Grundgesetz und Demokratie zu stellen,
greifen vor allem CSU und CDU unsere Grundwerte von rechts an, und droht dabei
die AfD noch zu überholen in ihren rechtspopulistischen Forderungen. Dass das
nicht zum gewünschten Effekt führt, haben die vergangenen Wahlen gezeigt. Die
SPD ist sich ebenso nicht im Klaren, wie sie mit der AfD umgehen soll. Der
Parteichef und Vizekanzler Sigmar Gabriel fordert einmal Obergrenzen für
Flüchtlinge, dann wiederrum attackiert er Seehofer für seine rechten Thesen. Und
auch bei der Partei die Linke führt das Erstarken der Rechtspopulisten zu
Äußerungen, die am rechten Rand anzusiedeln sind.
Ängsten und Ressentiments in der Bevölkerung müssen wir GRÜNEN mit Informationen
und Dialog begegnen. Damit heben wir GRÜNE uns von anderen Parteien ab, die der
AfD hinterher rennen, indem sie Menschen mit Ängsten und Vorurteilen nach dem
Mund reden. Wir GRÜNE wollen eine offene und solidarische Gesellschaft. Wir
haben den klaren Gegenentwurf zu den Rechtspopulisten und bieten damit eine
echte Alternative zur selbsternannten Alternative für Deutschland. Wir setzen
uns für eine Gesellschaft ein, die auf die Freiheit des Individuums setzt und
auf Solidarität für diejenigen, die Unterstützung bedürfen. Es waren die neuen
sozialen Bewegungen und die GRÜNEN, die in den Jahren nach 1968 für viele
Freiheiten erfolgreich gestritten haben und auch weiter streiten werden:
Gleichberechtigung von Frauen und Männern, Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung, Integration von Menschen mit
Migrationshintergrund, gleiche Rechte für Schwule und Lesben, Eintreten für
gesellschaftliche Minderheiten.
Ohne Gerechtigkeit bleibt Freiheit jedoch ein leeres Versprechen. Nur wer
Chancen und Teilhabemöglichkeiten in unserer Gesellschaft hat, kann sich frei
entfalten. Freiheit, Chancen und Teilhabe für alle in unserer Gesellschaft
kommen nicht von allein. Es ist Aufgabe von Politik, sie zu schaffen.
Solidarität betont damit auch die Verantwortung des Einzelnen gegenüber anderen.
Nur wenn wir es schaffen, diese Werte wieder ins Bewusstsein der Gesellschaft zu
rücken, wenn wir vermitteln können, welchen Wert eine solidarische und offene
Gesellschaft darstellt, können wir den kruden Thesen der Rechtspopulisten
entschieden entgegengetreten.
Für diese Werte werden wir in den kommenden Monaten vor der Bundestagswahl 2017
verstärkt werben. Wir scheuen nicht die Auseinandersetzung mit den
Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten dieses Landes und wollen den
öffentlichen Diskurs mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, Vereinen,
Verbänden voranbringen. Es geht nämlich um ganz Essentielles: um unsere
Demokratie und unsere gemeinsame Werteordnung.
Begründung
erfolgt mündlich.
Kommentare
Anna Neuhof :