Veranstaltung: | LDV Montabaur |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Aktuelle Politische Lage |
Antragsteller*in: | Ulrike Höfken (KV Bitburg-Prüm), Dietmar Johnen (KV Vulkaneifel), Thomas Petry (KV Birkenfeld), Dr. Bernhard Braun (KV Ludwigshafen), Nils Dettki (KV Mainz-Bingen), Jana-Maria Johnen (KV Vulkaneifel), Hannah Meyer (KV Vulkaneifel), Lydia Enders (KV Bitburg-Prüm), Helmut Fink (KV Bitburg-Prüm), Nicole Besic-Molzberger (KV Koblenz), Fabian Ehmann (KV Mainz), Kerstin Ramm (KV Mainz), Britta Steck (KV Bernkastel-Wittlich), Thomas Griese, (KV Aachen), Eberhard Wolf (KV Mainz-Bingen), Herbert Sandkühler (KV Trier), Heinz Eiden (KV Bitburg-Prüm), Hubert Heck (KV Bitburg- Prüm), Beate Jacob (KV Bitburg-Prüm), Anna Neuhof (KV Altenkirchen), Ingrid Johnen (KV Vulkaneifel), Theresia Utters (KV Vulkaneifel), Eduard Kirstgen (KV Vulkaneifel), Jutta Blatzheim-Roegler (KV Bernkastel-Wittlich), Andreas Hartenfels (KV Kusel), Daniel Köbler (KV Mainz), Eveline Lemke (KV Ahrweiler), Anne Spiegel (KV Speyer); |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 24.09.2016, 20:49 |
L-2: Fairer Handel für Europa statt CETA und TTIP!
Antragstext
Freihandelsabkommen sollen Handelshemmnisse abbauen, CETA und TTIP gehen jedoch
weit über die Regelung von Zöllen und Normen hinaus. Die in CETA und TTIP
festgelegten Regeln verletzen das EU-Vorsorge-Prinzip, aber auch Kanadische
Regeln bedrohen die Rechtsstaatlichkeit und ermöglichen Konzernen politische
Einflussnahme durch Sonderrechte im Gesetzgebungsverfahren. Die Macht der
internationalen Konzerne, wie Bayer/Monsanto wächst.
Immer neue Veröffentlichungen von Verhandlungsprotokollen und Gutachten
bestätigen, dass durch TTIP und CETA zunehmend Gentechnik und Pestizide auf
unseren Tellern landen und die Standards unsere Demokratie im Kern ausgehebelt
werden.
Dem Aufruf des Bündnis „STOPP TIPP UND CETA“ bestehend aus Kirchen, Kommunen,
Gewerkschaften, Umwelt-, Tierschutz-, Arbeitnehmer-und
Verbraucherschutzverbänden folgten am 17. September 2016, 320.000 Menschen, in
sieben deutschen Städten um gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA zu
demonstrieren. Wir unterstützen ihre Anliegen und fordern:
1. Das CETA-Verhandlungsergebnis so abzulehnen, die Verhandlungen zu TTIP und
TISA zu stoppen sowie einen Neustart der Europäischen Handelspolitik zu
erwirken, der die notwendige Weiterentwicklung von Schutzstandards fördert.
2. Klageprivilegien für Investoren (ISDS und ICS) und vergleichbare Mechanismen,
die unsere Demokratie schwächen, aus bestehenden Verträgen zu entfernen und in
neue Verträge nicht aufzunehmen.
3. Das Vorsorgeprinzip rechtlich eindeutig in CETA und TTIP zu verankern und
bestehende Handelsverträge darauf hin zu überprüfen, damit bestehende Umwelt-,
Verbraucher- und Sozialstandards weltweit gestärkt werden und politische
Regulierung greift, bevor Mensch und Umwelt zu Schaden kommen.
4. Wir fordern eine Neubelebung der multilateralen Handelsprozesse vor dem
Hintergrund der Erfahrungen von gescheiterten früheren Versuchen im Rahmen der
WTO und unter den Bedingungen, dass Ungleichgewichte, die zu Lasten der
Entwicklungsländer und ökologischer und sozialer Kriterien gingen, korrigiert
werden.
5. Die kommunale Daseinsvorsorge, öffentliche und soziale Dienstleistungen und
Infrastruktur durch klare und umfassende Ausnahmen und Positiv-Listen zu
schützen. Handelsabkommen dürfen weder direkten noch indirekten Druck zur
weiteren Liberalisierung und Privatisierung von Daseinsvorsorgebereichen ausüben
oder Möglichkeiten zur Rekommunalisierung, etwa im Energiebereich, einschränken.
Wir stellen fest:
1. Mit CETA und TTIP wird das EU-Vorsorge-Prinzip verlassen und Standards werden
abgesenkt
Entgegen den Versprechen von Kanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Gabriel
senken TTIP und CETA mittelfristig unsere Standards und konterkarieren die EU-
Politik aber auch die Kanadische Gesellschaft, mit erheblichen Auswirkungen auf
Landwirtschaft, Wirtschaft und Produktsicherheit, Verbraucher, Gesundheit,
Kultur, Arbeitnehmerrechte und Umwelt.
Standards werden in den Freihandelsabkommen zu "Handelshemmnissen". Im
Wettbewerb führt dies zu sozialem und ökologischem Dumping – auf allen Seiten
Das Vorsorgeprinzip ist im europäischen Recht fest verankert und Grundlage der
europäischen Verbraucher -, Gesundheits-, Umwelt- und Chemikalienpolitik mit dem
Ziel eines hohen Schutzniveaus. Das geltende Vorsorgerecht ist aber nicht
Bestandteil der CETA- und TTIP-Entwürfe und diese entsprechen damit nicht
geltenden EU-Verträgen.
Dies wird deutlich anhand des Beispiels von Pestizid-Rückständen in
Lebensmitteln: Hier hat die EU-Kommission die lascheren Grenzwerte des
internationalen "Codex-Alimentarius" und damit die Absenkung unserer Standards
angeboten. In der Konsequenz wird auch der Erlass neuer Standards,
beispielsweise bei Glyphosat, erheblich erschwert.
Auch bei der Gentechnik lauern Gefahren: in der EU bzw. in Deutschland muss ein
gentechnisch verändertes Produkt ein Zulassungsverfahren durchlaufen,
gekennzeichnet und registriert werden sowie der Nachweis des Fehlens schädlicher
Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit vom Unternehmen geführt werden. Derzeit
können die EU Mitgliedsländer mit dem Opt-Out den Anbau von gentechnisch
veränderten Organismen (GVO) noch verbieten. In den USA und Kanada dagegen gibt
es keine entsprechende Regulierung für Gentechnisch modifizierte Organismen. Sie
werden wie konventionelle Produkte behandelt und als „grundsätzlich sicher“
behandelt. Dies droht uns nun auch in der EU: Ohne die Kennzeichnung gibt es
keine Wahlfreiheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Und auch auf die Zulassung von hormonell wirksamen Substanzen, auf die
Produktsicherheit, das europäische Chemikalienrecht (REACH), das
Lebensmittelrecht und den Umgang mit Nanomaterialien haben CETA und TTIP
erhebliche Auswirkungen.
2. TTIP und CETA bedrohen die Rechtsstaatlichkeit
In einer Demokratie sind vor Gericht alle gleich. Mit TTIP und CETA werden die
Interessen ausländischer Investoren jedoch über die Belange von Gesundheit,
Umwelt, Mittelstand und sozialer Daseinsfürsorge gestellt. Für Konzerne soll
eine Paralleljustiz mit Schiedsgerichten, außerhalb der ordentlichen
Gerichtsbarkeit errichtet werden. So erhalten sie die Möglichkeit, unter
Berufung auf den Investorenschutz, gegen einen Staat auf Schadensersatz zu
klagen, wenn sie durch neue Gesetze entgangene Gewinne und somit einen Nachteil
für ihr Geschäft befürchten.
Jüngstes Beispiel ist die Klage des kanadischen Energiekonzerns TransCanada
gegen die USA. Weil die USA aus Umweltschutzgründen den Ausbau der Keystone-
Ölpipeline untersagt hatten, reichte TransCanada kürzlich eine Klage vor einem
Investor-Staat-Schiedsgericht ein und verlangt Schadensersatz in Höhe von 15
Milliarden US Dollar.
Der Deutsche Richterbund (DRB) wie auch sein Europäischer Dachverband haben
jüngst erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Paralellstruktur zur
europäischen und nationalen Gerichtsbarkeit geäußert. Er „lehnt die von der EU-
Kommission vorgeschlagene Einführung eines Investitionsgerichts im Rahmen der
Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) ab. Der DRB sieht weder
eine Rechtsgrundlage noch eine Notwendigkeit für ein solches Gericht.“ Das damit
verbundene Verständnis, „die Gerichte der Mitgliedstaaten der Union könnten
ausländischen Investoren keinen effektiven Rechtsschutz gewähren, entbehrt
sachlicher Feststellungen“ so der DRB. Das gilt auch für den Vorschlag von
Bundeswirtschaftsminister Gabriel, der angeblich die Probleme lösen soll: „Der
DRB hat erhebliche Zweifel an der Kompetenz der EU für die Einsetzung eines
Investitionsgerichts (ICS). Durch das ICS würde nicht nur die
Rechtssetzungsbefugnis der Union und der Mitgliedssaaten eingeschränkt, auch das
etablierte Gerichtssystem innerhalb der Mitgliedssaaten und der EU würde
geändert werden“ so der DRB. Unternehmen ein exklusives, zusätzliches
Klageprivileg einzuräumen, obwohl ihnen auch die Klage vor den ordentlichen
Gerichten offen steht, ist grundsätzlich nicht nachzuvollziehen.
Darüber hinaus befürchten viele Organisationen wie Mehr Demokratie e.V., dass
das Risiko eventueller Schadensersatzzahlungen auch die zukünftigen
Gesetzgebungsprozesse beeinflussen.
Diese Einschränkungen der demokratischen Gestaltungsräume ist eine Bedrohung für
unsere Demokratie und für uns Grüne nicht tolerierbar.
3. CETA und TTIP bringt Lobbys an den Regierungstisch
Eine weitere Schwächung der Demokratischen Strukturen stellt die sogenannte
„Regulatorische Kooperation“ dar. Mit ihr verpflichten sich die Vertragspartner
dazu, in einer dafür vorgesehenen Institution und in bestimmten Verfahren
zusammenzuarbeiten, um Hemmnisse für den Handel zu beseitigenBestehende und
geplante Gesetze und Regularien auf allen Ebenen sollen nach dem CETA-Entwurf
von diesem Gremium vorab darauf geprüft werden, wie sie mit Kosten-Nutzen-
Erwägungen im Hinblick auf die Interessen der Investoren angepasst oder durch
Alternativen ersetzt werden können.
Maßstab von Parlamenten und Regierungen werden dann Handelsinteressen - und
nicht die Verbesserung von Lebensqualität, Arbeitsmarkt oder Umwelt.
4. Die Folgen von TTIP und CETA betreffen unsere ganze Gesellschaft
Entscheidende Errungenschaften im Arbeitsrecht, in der Daseinsfürsorge, in der
kommunalen Selbstverwaltung, der Kulturpolitik, im Umwelt-, im Natur- oder auch
im Verbraucher- oder Datenschutz stehen auf dem Spiel. Und das ohne angemessene
demokratische Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und der nationalen
Parlamente.
Die kommunalen Spitzenverbände Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag und
Deutscher Städte- und Gemeindebund sehen erhebliche Risiken für die öffentliche
Förderung und Daseinsvorsorge. Denn die Investorenschutzklausel kann die
Entscheidungsfreiheit der Kommunen stark beeinträchtigen. Denn auch die Kommunen
könnten vor dem Hintergrund zu erwartender Schadensersatzforderungen durch
Investoren ihre Entscheidungen überdenken müssen. Dies wird kein Kreistag oder
Gemeinderat riskieren können. Damit würde die Kommunale Ebene ebenso wie Land
und Bund erheblich geschwächt.
Nicht nur deswegen haben in Deutschland schon mehr als 300 Kommunen ihre starke
Besorgnis über die Konsequenzen von TTIP, CETA und TISA erklärt. Einige davon
auch in RLP, z.B. Zweibrücken, Koblenz, Mayen und Mainz.
Aber auch die notwendige Energiewende wird durch TTIP und CETA massiv bedroht.
Um sie voranzutreiben, wurden gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen, die den
Ausbau der Erneuerbaren Energien begünstigen. Greenpeace hat Dokumente
veröffentlicht, die zeigen, dass das TTIP-Abkommen im bestehenden
Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien eine Diskriminierung von Kohle- und
Atomenergie sieht. Würde der Einspeisevorrang aufgehoben, wäre die Energiewende
in größter Gefahr. Damit unterminieren diese Freihandelsabkommen auch das
Klimaschutzabkommen von Paris, in dem die Erderwärmung auf deutlich unter zwei
Grad begrenzt werden soll. Das Klimaschutzabkommen haben aber die USA, EU und
Kanada bereits ratifiziert.
5. CETA und TTIP verschärfen die Fluchtgründe
Eine privilegierte Partnerschaft mit Nordamerika und Kanada würde den größten
Wirtschaftsraum der Welt schaffen. Das ginge zulasten des Handels mit anderen
Staaten. Eine von der Bertelsmann-Stiftung beauftragte ifo-Studie zeigt: „Die
Liste der Verlierer wird von der Elfenbeinküste und Guinea angeführt. Ihre
Exporte nach Europa werden von Gütern aus den USA verdrängt. [...] Es trifft
also gerade die ärmeren Länder, und diese teilweise in deutlichem Ausmaß.".
Eine Verschlechterung der ökonomischen Situation würde in diesen Staaten zu
einer Verschärfung der Fluchtursachen führen.
6. TTIP und CETA können verhindert werden!
Bereits die Verhandlungen zu CETA und TTIP wurden höchst intransparent und
undemokratisch durchgeführt. Was hinter verschlossenen Türen verabredet wurde,
soll nach dem Willen der EU-Kommission nun umgesetzt werden. Sie hätte CETA
gerne als „EU only“-Abkommen behandelt. Dann wäre die Zustimmung der
europäischen Mitgliedsstaaten nicht erforderlich gewesen, und die EU hätte das
Abkommen mit Kanada eigenmächtig ratifizieren können.
Doch der Druck der Zivilgesellschaft hat gewirkt: Nun wird es doch eine
Einbeziehung der EU-Mitgliedsstaaten und eine Abstimmung im EU-Parlament geben.
Die Kehrtwende von Juncker zeigt: Die Proteste zeigen Wirkung und gemeinsam
können wir etwas erreichen.
Dass wir auch weiterhin aktiv und wachsam sein müssen beweist das Handeln der
EU-Kommission: Zwischenzeitlich möchte sie Tatsachen schaffen und bereits Teile
des Abkommens umsetzen. Und dies obwohl eine umfassende vorläufige Anwendung
rechtlich unzulässig wäre, wie ein von Prof. Weiß von der Hochschule für
öffentliche Verwaltung Speyer erstelltes Gutachten zeigt.
Diese Bedrohung unserer Demokratie wollen wir nicht hinnehmen. Gemeinsam mit der
Zivilgesellschaft fordern wir auch weiterhin: Fairer Handel für Europa, statt
TTIP und CETA!
Begründung
erfolgt mündlich
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